Journal Gudmundur Ludvik
Interviews

Gudmundur Ludvik

Innerhalb eines Jahres nach ihrer ersten Begegnung präsentierten der isländische Designer Gudmundur Ludvik (1970) und Arco das erste Ergebnis ihrer Zusammenarbeit. Ludvik erzählt von der Entwicklung des Stuhls Close und erklärt, wie er den Beruf des Designers sieht.

Als Jugendlicher arbeitete Gudmundur Ludvik in den Ferien in seiner Heimat Island am Bau. Ludvik: "Ich merkte, dass es mir unheimlich viel Spaß machte, mit den Händen zu arbeiten. Immer wollte ich sehen, wie etwas hergestellt wurde. Manchmal war ich bei jemanden zu Besuch und dann war ich plötzlich ganz fasziniert von einem Sessel oder Stuhl, dessen Unterseite ich mir ansah. Ich wollte unbedingt herausfinden, wie der gebaut war."

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung zum Zimmerer hat er einige Jahre am Bau gearbeitet. Aber Ludvik wollte mehr. Also beschloss er, an der Kunstakademie Islands Bildende Kunst zu studieren. Nach seinem Studium hatte er die Gelegenheit, als Gaststudent in Dänemark ein Jahr lang Design zu studieren. In Kopenhagen angekommen entschied er sich allerdings, statt des Teilzeitstudiums für ein Vollzeitstudium. Heute, siebzehn Jahre danach, lebt und arbeitet er immer noch in Dänemark. In Vejle in Südostjütland hat er sein eigenes Studio und in Kopenhagen eine eigene Produktdesign-Agentur.

Inspiriertes Design

Auf die Frage, wo er sich Inspiration holt, nennt Ludvik sofort seine kindliche Neugier: "Ich wollte immer schon gern wissen, wie etwas funktioniert und ob man das auch anders oder vielleicht besser machen könnte. Und ich wollte etwas herstellen, was Menschen nützt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das ein Stuhl oder ein ganzes Haus ist; ich sehe überall Möglichkeiten. Ich liebe das Unbekannte. Es soll neu und herausfordernd sein. Wahrscheinlich ergibt sich das aus meiner Begeisterung für Designs, deren Form veränderbar ist, wie ein Klappstuhl oder höhenverstellbarer Tisch, und es drückt sich auch in meiner Arbeitsmethode aus. Ein Stuhl sieht vielleicht wie ein vierbeiniger Sitz aus, aber es steckt eine Menge Denkarbeit dahinter: die Proportionen, die Details, die Konstruktion, die Optik aus verschiedenen Perspektiven, die Stabilität, die Schönheit, die Optimierung des Entwurfs, damit er im logischen Aufbau gefertigt werden kann. All das gehört zum Designverfahren. Jeder Schritt muss zu Ende gedacht und beschlossen werden. Kurz nach dem Abschluss meines Studiums wollte ich in erster Linie Sachen machen, die anders waren als bisher oder vollkommen neu. Ich dachte wie ein Künstler. Heute geht es mir aber überwiegend um die Optimierung der Herstellung und um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kosten und Qualität zu erreichen.

Zusammenarbeit

2015 präsentierte Ludvik auf der Möbelmesse IMM in Köln einen höhenverstellbaren Tisch: "Mit diesem Tisch wollte ich etwas erreichen, was mir bisher noch nicht gelungen war. Es ging dabei um die Herausforderung und den Mut, etwas auszuprobieren und nicht wissen, ob ich meine Idee umsetzen konnte. Aber es ist mir gelungen. Arco sah sich den Tisch an und damit begann auch gleich unsere Zusammenarbeit. Wir beschäftigen uns immer noch mit der Entwicklung des Tischs, haben aber inzwischen die Produktion des Stuhls Close aufgenommen.

Das Planungsstadium der ersten Stuhl-Version dauerte knapp ein Jahr, also von der ersten Anweisung bis zur Präsentation auf der IMM letztes Jahres: "Manchmal dauert ein solches Planungsstadium viel länger, aber wenn alles klappt und sich alle auf das Projekt konzentrieren, kann es auch recht schnell gehen. Meine Anweisung lautete, einen erschwinglichen Stuhl zu entwerfen, der Hochwertigkeit und Komfort vereinte. Ich habe einige Entwürfe skizziert. Danach entschieden wir uns für einen Entwurf, der dann weiterentwickelt wurde; dieser musste meinen Vorstellungen und der Identität Arcos entsprechen. Als wir uns über den einzuschlagenden Weg einig waren, habe ich einen Prototyp erstellt. Im Ausstellungsraum in Amsterdam haben wir uns angesehen, wie er sich in die restliche Kollektion fügen würde.

Komfort und Bewegung

Weil die klar definierte Grenze zwischen Verbraucher- und Objektmarkt zunehmend verwischt, glaubt Ludvik, dass der Stuhl in beide Umgebungen passt: "Die wichtigste Bedingung war, dass Benutzer auf diesem Stuhl längere Zeit komfortabel an Tisch sitzen konnten. Ob zum gemütlichen Plausch, zum Essen, Lesen oder Arbeiten. Außer Komfort und Unterstützung war uns auch die Bewegungsfreiheit wichtig, damit man seine Haltung leicht korrigieren konnte. Daher haben wir die Armlehnen nicht ganz bis zu Vorderseite verlaufen lassen.

Ludvik ist nicht nur mit dem Endergebnis, sondern auch mit der Zusammenarbeit mit Arco sehr zufrieden: "Ich bewundere ihre Ästhetik, die Schlichtheit und den dem zugrunde liegenden logischen Gedanken. Darin besteht eine Gemeinsamkeit zwischen uns. Der definitive Stuhl ist das Ergebnis diese Zusammenarbeit. Wir haben uns zusammen dafür eingesetzt, dass die von uns ausgedachten Lösungen sowohl mir als Designer als auch Arco als dem Hersteller entsprachen. Das Allerwichtigste ist natürlich, dass der Stuhl den Vorstellungen und Wünschen seines Benutzers entspricht. Das Wesentliche des Designerberufs liegt für mich darin, alle Komponenten abzuwägen, die beste aller Lösungen zu finden und meisterliches Können zu liefern, das Menschen Freude bereitet."